Die Mannheimer Klimagerechtigkeitsinitiativen unterstützen das Ziel der Stadt, bis 2030 klimaneutral zu werden, auch wenn die Einhaltung des Mannheimer Emissionsbudgets damit nicht gesichert ist. Voraussetzungen für die Einhaltung dieses knappen Zeitplans wären ein realistischer Pfad vom Status Quo zur Klimaneutralität, Transparenz des Transformationsprozesses und Beteiligung der Öffentlichkeit, damit das Vorhaben von einer möglichst breiten Mehrheit mitgetragen wird.
Diese Voraussetzungen sind zurzeit nicht erfüllt. Der im letzten Jahr für Mannheim entwickelte Klimaschutzaktionsplan (KSAP) bietet keine Sicherheit, dass damit tatsächlich Klimaneutralität erreicht wird, weil der Inhalt an vielen Stellen noch sehr unkonkret ist, weil die Umsetzung der Maßnahmen nicht gesichert ist, und weil es keine belastbare Abschätzung gibt, in welchem Umfang die CO2-Emissionen dadurch reduziert würden. Der Inhalt des mit der EU abgeschlossenen „Klimastadtvertrags“ ist weder der Öffentlichkeit noch uns bekannt. Die für die Nachverfolgung und Visualisierung der Transformation vorgesehene Software Climateview ist noch nicht online.
Wenn das 2030er-Ziel noch realistisch sein soll und dafür auch die nötige Unterstützung der Öffentlichkeit hergestellt werden soll, müssen die KSAP-Maßnahmen dringend konkretisiert und priorisiert werden. Vorrangig sind dabei die Maßnahmen in den Bereichen Wärmeversorgung, Verkehr und Industrie wegen deren hohen Anteilen an den CO2-Emissionen und der teilweise absehbar langen Planungs- und Umsetzungszeiträume.
Für die Dekarbonisierung der Fernwärme ist ein Plan erforderlich, welche erneuerbaren Wärmequellen ab wann wieviel Energie pro Jahr liefern sollen. Ziel muss die frühestmögliche Unabhängigkeit von fossiler Energieerzeugung im GKM (auf jeden Fall vor 2030) sein. Für den Ausbau des Fernwärmenetzes dürfen die betriebswirtschaftlichen Ziele der MVV nicht wichtiger sein als die Klimaziele. In Stadtteilen, die nicht mit Fernwärme versorgt werden können, müssen Alternativen (nach Möglichkeit Nahwärme) angeboten werden. Für Gebäudesanierung und Heizungstausch müssen sehr schnell Beratungsangebote und ergänzende kommunale Förderprogramme aufgesetzt werden, die u.a. Voraussetzungen für eine warmmietenneutrale Sanierung schaffen.
Für das Handlungsfeld Mobilität ist es wichtig, dass die Verkehrsplanung sehr schnell auf eine weitgehende Verlagerung des innerörtlichen Autoverkehrs auf Fuß- und Radverkehr und den ÖPNV und eine leichtere Erreichbarkeit der Stadt aus dem Umland ohne Auto ausgerichtet wird. Damit die öffentlichen Verkehrsmittel (einschließlich der S-Bahn) einen höheren Anteil des Verkehrs übernehmen können, müssen sie zuerst wieder zuverlässig werden, d.h. es darf z. B. keine Fahrtausfälle wegen Personalmangel mehr geben. Daneben müssen – wegen der langen Vorlaufzeiten – Planungsprozesse für Infrastrukturmaßnahmen wie zusätzliche Straßenbahnlinien und ein Vorrangnetz für den Radverkehr sehr kurzfristig eingeleitet werden.
Die Industriebetriebe müssen auch kurzfristig Konzepte für eine Umstellung energieintensiver Prozesse auf Strom, grünen Wasserstoff oder andere erneuerbare Brennstoffe entwickeln. Bislang mit Öl- oder Gasverbrennung selbsterzeugter Strom und selbsterzeugte Heizwärme sollten so weit wie möglich aus erneuerbarer Energie gedeckt werden.
Für jede Maßnahme muss ermittelt werden, wie viel CO2-Emissionen eingespart werden. Falls diese Potenziale nicht ausreichen, um Klimaneutralität zu erreichen, muss der KSAP durch zusätzliche Maßnahmen ergänzt werden. Ein transparentes Monitoring und eine regelmäßige Bürgerbeteiligung sollen die Öffentlichkeit kontinuierlich über den Status der Transformation und insbesondere auch über mögliche Abweichungen vom geplanten Pfad informieren.