Der Mannheimer Morgen veröffentlich seit einigen Wochen unter dem Titel 68 Grad im Zwei-Wochen-Rhythmus Folgen eines Podcast zu Auswirkungen der Klimaerwärmung in Mannheim und zur städtischen Klimaschutzpolitik, in denen Vertreter*innen aus Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft zu Wort kommen. An sich ist das positiv, speziell auch deshalb, weil dieses Thema in der herrschenden Politik und in der Medienberichterstattung ansonsten trotz zunehmender objektiver Dringlichkeit leider stark an Priorität eingebüßt hat.
Einen besonderen inhaltlichen Schwerpunkt bildet in dem Podcast die Beteiligung der Stadt am EU-Programm 100 Climate Neutral Cities unddas dabei verfolgte Ziel, bis 2030 auf örtlicher Ebene Klimaneutralität zur erreichen. Zu diesem Thema wurden in zwei Folgen Vertreter*innen der Stadt, des IFEU-Instituts und der in Mannheim aktiven Umwelt und Klimagerechtigkeitsinitiativen interviewt. Von Seiten der Stadt wurde erklärt, man sei auf einem guten Weg, das selbstgesetzte Ziel zu erreichen, die CO2-Emissionen bis 2030 gegenüber 1990 um 80% (nicht etwa 100%!) zur reduzieren. Die Klimagruppen haben das bestritten. Speziell in den Sektoren Wärme und Verkehr wären deutlich weitgehendere Schritte nötig. Wichtiger als das Datum einer Klimaneutralität sei außerdem die Einhaltung des auf Mannheim rechnerisch entfallenden Teils des für die Einhaltung der Pariser Klimaziele noch verbleibenden CO2-Emissionsbudgets.
Wir, die Mannheimer Klimagruppen, waren in den Interviews vertreten. Nachdem zu den Podcast-Folgen zum Klimaneutralitätsziel am 02.08. noch ein Artikel im Mannheim Morgen erschienen ist, halten wir es für nötig, zu dem Thema nochmals aus unserer Sicht Stellung zu nehmen. Das liegt nicht daran, dass unsere Aussagen im Podcast falsch oder unvollständig wiedergegeben worden wären, sondern an der Botschaft, die der MM im Podcast und in dem genannten Artikel u. a. auch aus unseren Beiträgen gemacht hat. Die verantwortlichen Redakteur*innen haben in ihren Kommentierungen von Anfang an kein Geheimnis daraus gemacht, dass sie Zweifel an der Realisierbarkeit und der Sinnhaftigkeit des 2030er-Klimaneutralitätsziels der Stadt haben. Unsere kritischen Stellungnahmen zum Stand der Klimaschutzaktivitäten interpretieren sie offenbar auch als generelle „Skepsis“ gegenüber der Erreichbarkeit des Klimaneutralitätsziels. Im besten Fall wäre das ein Missverständnis, im schlechteren eine missbräuchliche Umdeutung unserer Aussagen.
Wenn man das globale 1,5-Grad-Klimaziel einhalten will, kann man sich die lokalen Klimaziele nicht aussuchen. Die wissenschaftliche Tatsache, dass die Menge der CO2-Emissionen direkt proportional zur Erderwärmung ist, lässt eigentlich nur die Einhaltung klar begrenzter Emissionsbudgets zu, um die Erderwärmung bei 1,5 Grad zu stoppen. Mannheim darf bis zum Erreichen der tatsächlichen Klimaneutralität nur noch den rechnerisch auf die Zahl seiner Einwohner*innen entfallenden Anteil des globalen CO2-Budgets emittieren. Nach aktuellen Berechnungen wären das ab Anfang 2023 noch 10 Millionen Tonnen. Jede Tonne CO2, um die Mannheim dieses Budget überschreitet, müsste woanders auf der Erde zusätzlich eingespart werden. Mit der dahinterstehenden Physik kann man nicht verhandeln.
Das Mannheimer Klimaneutralitätsziel nennt, wie alle anderen wohlgemeinten politischen Ziele, eine irgendwie definierte Klimaneutralität zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erreichen, nur das Datum, an dem die Emissions-Minderung eingetreten sein soll. Ohne die exakte Bestimmung eines Emissionspfades (wieviel weniger in welchem Zeitraum) können solche Klimaneutralitätsziele theoretisch auch bis kurz vor Zielerreichung ohne Einsparungen auskommen, um dann mit Last-Minute-Reduzierungen doch noch durch die Tür zu kommen. Dabei bleibt außer Acht, dass in der Zwischenzeit die noch verfügbaren Emissionsbudgets mehrfach verbraucht sein können. Erwartungen an die Umsetzung in letzter Minute sind nicht realistisch. Im Gegenteil: Viele weit in der Zukunft liegende Klimaneutralitätsziele (Schifffahrt und Luftverkehr 2050, China 2060, USA 2050, EU 2050) wollen den Eindruck entschlossenen Handelns erwecken, während die praktische Umsetzung einem weitgehenden „weiter-so“ verpflichtet scheint (kein Land erreicht derzeit seine Klimaziele). Die Beliebigkeit der Klimaziele befördert eine Beliebigkeit in der Umsetzung. Wenn man meint, noch Zeit zu haben, ist es auch leichter, zu sagen, man sei auf einem guten Weg.
Selbst wenn das CO2, das Mannheim pro Jahr emittiert, wie geplant von 2023 bis 2030 linear (d.h. ohne Last-Minute-Effekte) um 2 Millionen Tonnen reduziert würde, lägen die kumulierten Emissionen in diesem Zeitraum zwischen 10,5 und 12 Millionen Tonnen, d.h. über dem Budget. Insofern gibt es auch bei dem 2030er-Ziel auf keinen Fall Spielraum für weitere Aufweichungen.
Die aktuellen Emissionen sind kein Naturgesetz. Physikalisch ist es auf jeden Fall möglich, sie im Rahmen des Budgets herunterzufahren. Behindert wird das durch vielfältige historisch gewachsene Abhängigkeiten von fossiler Energie, wirtschaftliche Interessen, unzureichende Finanzmittel und die Verflechtung mit dem noch länger „fossilen“ Umland.
Dass es trotz dieser Hindernisse politisch möglich ist, das Budget oder zumindest das Mannheimer 2030er-Ziel einzuhalten, wird man momentan weder beweisen noch widerlegen können. Dazu ist die Planung in vielen Bereichen noch zu unkonkret, und die politischen Entscheidungen sind zu unberechenbar. Die Erreichbarkeit hängt von der Veränderungsbereitschaft und dem Willen und Zusammenwirken aller Akteure auf lokaler, Landes-, Bundes- und EU-Ebene ab und auch davon, wieviel Druck aus dem klimabewussten Teil der Öffentlichkeit kommt.
Was bislang in dieser Richtung praktisch passiert, reicht nicht, und es gibt Gründe für die Annahme, dass Mannheim in diesem Tempo weder sein Budget einhalten noch bis 2030 im oben genannten Sinne „klimaneutral“ wird. Das heißt aber nicht, dass das objektiv nicht gehen würde.
Wenn der MM tatsächlich um den Klimaschutz besorgt ist, könnte er mehr erreichen, wenn er eine Konkretisierung der Planung für die notwendige Transformation und eine Beschleunigung der Umsetzung anmahnen würde, anstatt darüber zu spekulieren, ob das Ziel vielleicht zu ambitioniert und gar nicht erreichbar ist. Letzteres wird bestimmt nichts beschleunigen und am Ende die Skepsis eher zur selbsterfüllenden Prophezeiung machen.
Der MM nennt auch nicht etwa eine alternative Strategie mit längerem Zeithorizont, sondern empfiehlt nur, statt definierten Emissionsreduzierungszielen einfach dem Motto „der Weg ist das Ziel“ zu folgen. Vielleicht würde das den Klimaschutz für einige Verantwortliche stressfreier machen. Dem Pariser Klima-Ziel würde es aber bestimmt nicht Rechnung tragen, und wenn alle dem folgen würden, wäre der Stress mit den Folgen der Klimakatastrophe nachher umso größer.
Wir wehren uns entschieden gegen die Kriminalisierung der Mitglieder und der Organisation Letzte Generation für Aktionen des zivilen Ungehorsams wie zuletzt die Flughafenblockade in Frankfurt. Statt solche Aktionen zu kriminalisieren ist es unbedingt erforderlich, dass der Flugverkehr reduziert wird.
Die Luftfahrindustrie ist gegenwärtig für gut 3 % der globalen CO2 Emissionen verantwortlich. Berücksichtigt man alle Klimaeffekte, liegt der Anteil bei rund fünf Prozent.
Davon unbeeindruckt erwartet das globale Netzwerk der Luftverkehrsindustrie (ATAG) eine Verdoppelung des Flugverkehrs bis 2050. Dieser soll dann klimaneutral erfolgen. Bei dieser Art von Klimaneutralität handelt es sich um eine Mär. Jegliche Art der Beförderung von Sachen oder Personen mittels hoher Geschwindigkeit und in großen Höhen bedarf eines enormen Energieaufwandes, dessen Ersatz durch erneuerbare Ressourcen schlichtweg nicht darstellbar ist.
Erst kürzlich ist in Hamburg der Plan gescheitert im großen Stil CO2-freies Kerosin herzustellen. Nirgends zeichnen sich Lieferanten für die ab 2025 benötigten Mengen an nachhaltigen Flugtreibstoffe ab. Die Pläne für spätere Jahre sind damit obsolet, alternative Antriebe für die Masse der großen Flieger nirgendwo verfügbar.
Für die Stadt Mannheim steht die Beendigung der städtischen Subventionen für den Flughafen in Neuostheim auf der Tagesordnung.
Konfrontiert mit einem Zertifikat, das der MVV für 2022 nur 12,5 % erneuerbare Fernwärme bescheinigt, verweisen Aufsichtsratsvorsitzender OB Specht und Vorstandvorsitzender Müller im MM-Interview vom 23.03.2024 auf angeblich 60 % erneuerbare Wärme schon dieses Jahr. Im Jahr 2020 wurde die Müllverbrennung auf der Friesenheimer Insel an die Fernwärme angeschlossen, seitdem behauptet die MVV 30 % der Wärme seien grün. Das amtliche Zertifikat kann nicht mal die Hälfte davon bestätigen. Das wird auch gar nicht bestritten, sondern gleich mit der nächsten ‚grünen‘ Ankündigung beantwortet, an deren Realitätsgehalt aus unserer Sicht begründete Zweifel bestehen.
Wärme aus Holzverbrennung ist nicht klimaneutral
Dieses Jahr will die MVV hauptsächlich die Holzverbrennung auf der Friesenheimer Insel an die Fernwärme anschließen. Es werden 45 MW Wärme bereitgestellt, das sind etwa 15% der insgesamt erforderlichen Fernwärme und könnte die erneuerbare Fernwärme um diesen Prozentsatz erhöhen, wenn nicht Holzverbrennung zum Zwecke der Energie- und Wärmegewinnung sehr kritisch zu sehen wäre. Bei der Holzverbrennung wird CO2 emittiert, das erst mit dem Nachwachsen des Waldes nach etwa 80 Jahren wieder ausgeglichen wird. Zudem verbrennt die MVV nach letzten Zahlen aus dem Jahr 2022 etwa 50% Hölzer die noch für andere stoffliche Verwertungen verwendet werden könnten. In Deutschland konkurrieren 146 Holzverbrennungsanlagen um die Ressource Altholz, es wird etwa 80 % des Altholzes verbrannt, während es in Italien und Frankreich nur etwa 20% sind. Deutschland importiert Altholz! In der Spanplattenproduktion wird wegen der geringen Altholzverfügbarkeit Frischholz eingesetzt. In dem Zeitraum in dem sich entscheidet, ob die Klimaziele eingehalten werden können ist es mehr als fraglich Wärme aus der Altholzverbrennung als klimaneutral an zu sehen.
Müll
Seit 2024 ist die Müllverbrennung in den CO2-Zertifikatehandel mit einbezogen. Nur der biogene Anteil stellt grüne Fernwärme bereit (siehe Zertifikat 2022). Die von der MVV angestrebte Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CCS) ist sehr energieintensiv und hat unseres Erachtens keine Chance auf Umsetzung bis 2030. CCS sollte nur da zum Einsatz kommen, wo Alternativen wie in der Zement- und chemischen Industrie noch nicht vorhanden sind. Unbedingt erforderlich ist eine Müllvermeidungsstrategie aller gesellschaftlichen Akteure.
Flusswärmepumpen
Seit Herbst 2023 betreibt die MVV eine Flusswärmepumpe mit 20 MW am Standort des GKM und kann damit den Anteil erneuerbarer Wärme geringfügig erhöhen. In modularer Bauweise sind zusätzlich gut 100 MW geplant. Es gibt noch keine genauen Fertigstellungsdaten. Das Fernwärmenetz wird überwiegend als Hochtemperaturnetz mit Vorlauftemperaturen von 130 Grad betrieben. Großwärmepumpen werden diese Temperaturen nicht erreichen und die bereitgestellte Wärme bedarf daher einer Nacherwärmung. Es kommt daher darauf an mit welchem Energieträger diese Nacherwärmung durchgeführt wird. Insofern dabei fossile Quellen genutzt werden, kann auch diese Wärme nicht als 100 % klimaneutral gewertet werden. Auch der Betrieb der Wärmepumpen kann nur dann als klimaneutral angesehen werden, wenn der Strom zu 100 % erneuerbar ist.
Geothermie
Die MVV Tochter GeoHardt plant bis zu drei Geothermie Werke mit jeweils 30 MW an Wärmeleistung die im Jahr 2030 zur Verfügung stehen sollen. Im Mannheimer Norden plant die Firma Vulcan Energy ebenso mehrere geothermische Anlagen zur Gewinnung von Lithium für die Batterieherstellung. Die Wärme aus diesen Anlagen wird für die Fernwärme zur Verfügung stehen. Diese an sich positiven Planungen sind hinsichtlich des Zeithorizonts 2030 mit einigen Risiken behaftet. So hat sich die Auswertung der 3D Seismik aus der Aufsuchung von Anfang 2023 jetzt schon um etwa ein Jahr verzögert. Fündigkeit ist nicht garantiert, an möglichen Standorten mag es an Akzeptanz mangeln und langwierige politische und juristische Auseinandersetzungen zu bestehen sein. Bei der Umsetzung können technische, kostenintensive Schwierigkeiten auftreten. Für die verschiedenen Ausführungsschritte sind jeweils Genehmigungen einzuholen, die wiederum ihre Zeit benötigen. Und es kann dauern, bis eine Anlage wirklich in Produktion ist. Aus all dem sehen wir ein großes Risiko, dass die geothermischen Anlagen bis 2030 nicht im angedachten Umfang erneuerbare Fernwärme bereitstellen können.
Spitzenlastheizwerke Rheinau und Friesenheimer Insel
Die beiden Spitzenlastheizwerke sollen mit von der MVV andernorts erzeugtem Biomethan betrieben werden. Wenn die anderen erneuerbaren Anlagen nicht im geplanten Umfang produktiv gehen können und die GKM-Blöcke stillgelegt sind, besteht das Risiko, dass die MVV zusätzlich fossiles Erdgas einsetzen muss.
Zusammenfassung
Fernwärme aus Biomasse und Müll sind nicht klimaneutral, CCS ist keine Alternative zu klimaneutralen Energieträgern. Auf Flusswärme und Geothermie zu setzen ist prinzipiell gut. Hinsichtlich der späten Hinwendung der MVV auf diese erneuerbaren Energieträger bestehen begründete Zweifel, dass die Ziele bis 2030 erreicht werden können. Es besteht die Gefahr, dass nach 2030 neben der Müll- und Holzverbrennung auch weiterhin fossile Energieträger zur Fernwärmeversorgung in Mannheim beitragen müssen. Die Spitzenlastheizwerke müssten über ihren eigentlichen Zweck hinaus als reguläre Heizwerke mit Gas betrieben werden. Wenn gegen Ende der 20er Jahre absehbar wird, dass die vorhandenen erneuerbaren Energieträger nicht ausreichen, ist zu befürchten, dass ein Weiterlaufen der Steinkohleverbrennung in Neckarau über das Jahr 2030 hinaus als alternativlos dargestellt und durchgesetzt wird.
Zudem besteht eine große Lücke zwischen den Ankündigungen der MVV über den Prozentsatz grüner Wärme zu den tatsächlich erreichten Werten. Für 2022 wird nicht die Hälfte erreicht. Für 2023 liegt kein unabhängiges Zertifikat vor, die MVV verweist auf ein Zertifikat auf Basis von Plandaten (!!), das angeblich 42 % ausweist. In Herbst 2023 wurde nur die Flusswärmepumpe zusätzlich in Betrieb genommen, so dass von einem etwas höherem Anteil erneuerbarer Fernwärme auszugehen ist, der aber weit von den Plandaten entfernt sein dürfte. Ab 2024 wird die Wärme aus der Holzverbrennung genutzt und die beiden Spitzenlastheizwerke stehen zu Verfügung. Selbst wenn man die von MVV selbst zugrunde gelegten Prozentanteile der jeweiligen Energieträger (19 % Müll, 15 % Biomasse, 10 % Besicherung) unter Außerachtlassung der Flusswärmepumpe aufaddiert, werden die angekündigten 60 % nicht erreicht. Unter Berücksichtigung nur des biogenen Anteils aus der Müllverbrennung und nur der Biomasse aus nicht mehr verwendbaren Altholzklassen wird es nochmals deutlich weniger.
Die zögerliche Umsetzung wirklich erneuerbarer Wärmegewinnung, das Schönrechnen grüner Wärme zusammen mit den plakativen Ankündigungen zukünftiger grüner Wärme lassen uns doch sehr daran zweifeln, ob so die für 2030 angestrebten Ziele erreicht werden.
wir – die unterzeichnenden Mannheimer Klimaschutz- und -Gerechtigkeitsinitiativen – haben am 23.11.2023 in einem offenen Brief an die Stadt Mannheim (z. Hd. Frau Bürgermeisterin Pretzell) eine Konkretisierung des Klimaschutzaktionsplans und die kurzfristige Einleitung von Maßnahmen zu dessen Umsetzung angemahnt. Grund dafür war und ist, dass wir bisher nicht erkennen können, wie die Stadt ihr bisher verfolgtes Ziel, bis 2030 klimaneutral zu werden, erreichen will.
Am gleichen Tag hat der Mannheimer Morgen ein mit Ihnen geführtes Interview veröffentlicht, in dem Sie genau dieses 2030er-Ziel in Frage stellen. Dabei weisen Sie im Satz davor noch stolz auf das „Mission Label“ hin, das die Stadt für die Verfolgung dieses Ziels kürzlich von der EU erhalten hat.
Diese Erklärung hat uns sehr erstaunt. Soweit aus den wenigen Sätzen ersichtlich, begründen Sie das mit ungeklärten Finanzierungsfragen. Sie zitieren Ihren Amtsvorgänger Kurz, der „eingeräumt“ habe, dass die Transformation ohne die Unterstützung von Bund und Land nicht funktioniere. Eine wirklich neue Erkenntnis ist das nicht. Im Klimaschutzaktionsplan werden zu jedem Handlungsfeld „Rahmenbedingungen auf EU-, Bundes- und Landesebene“ genannt, zu denen auch „Förderprogramme“ und „Bereitstellung finanzieller Mittel“ gehören. D.h. diese Abhängigkeit war schon bei der Entstehung des KSAP und spätestens bei dessen Verabschiedung vor einem Jahr allen Beteiligten bekannt.
Diese Fördermittel jetzt quasi schon abzuschreiben, weil die Finanzierung des „Klima- und Transformationsfonds“ durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts unsicher geworden ist, wäre sehr voreilig. Für die meisten der aktuell betroffenen Förderprogramme wird es Finanzierungsquellen geben müssen, schon deshalb, weil sonst die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes auf Bundesebene nicht mehr einhaltbar wären. Wenn die Stadt aufgrund dieser temporären Unwägbarkeiten gleich ihr Klimaneutralitätsziel aufgibt oder verschiebt, erweckt das eher den Eindruck, dass dafür nach einem Vorwand gesucht wurde.
Eine derartige Entscheidung darf nicht getroffen werden, bevor es konkrete Umsetzungskonzepte für die KSAP-Maßnahmen gibt, der Bedarf an öffentlichen Mitteln für die Finanzierung genau quantifiziert ist, und bevor die Fördermöglichkeiten durch EU-, Bundes- und Landesmittel abschließend geklärt und ausgereizt sind.
In dieser Woche beginnt die Weltklimakonferenz COP28. Im Vorfeld wurde in diversen Dokumenten wieder aufgezeigt, wie unzureichend die bisherigen Klimaschutzstrategien sind. Gleichzeitig verzeichnet die Meteorologie das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen und eine weitere Zunahme von Extremwetterereignissen. Wenn die Erde bewohnbar bleiben soll, muss der Ausstieg aus fossiler Energie deutlich beschleunigt werden. Wenn dieser Prozess jetzt durch die Aufgabe oder Aufweichung von Klimazielen verzögert würde, wäre das politisch ein fatales Signal und ein schlechtes Beispiel für andere.
Wir erwarten, dass Mannheim bei der Transformation die vorab durch das „Mission Label“ honorierte Vorreiterfunktion auch tatsächlich wahrnimmt.
Über eine baldige Stellungnahme dazu würden wir uns freuen. Das gilt natürlich auch nach wie vor für unseren ursprünglichen offenen Brief vom 23.11..
Mit freundlichen Grüßen
Parents & People for Future Mannheim Fridays for Future Mannheim Extinction Rebellion Mannheim Mannheim Zero Mannheim kohlefrei
wir – die unterzeichnenden Mannheimer Klimagerechtigkeitsinitiativen – unterstützen das Ziel der Stadt, bis 2030 klimaneutral zu werden. Wir tun das, obwohl wir nach wie vor der Meinung sind, dass es für die Einhaltung der Pariser Klimaziele wichtiger wäre, die Gesamtmenge an CO2 zu begrenzen, die in der Stadt bis zum Erreichen der Klimaneutralität noch emittiert wird, als ein genaues Datum für die Klimaneutralität zu setzen.
In Anbetracht der knappen Zeit bis 2030 ist es für das Erreichen dieses Ziels unverzichtbar, dass ein realistischer Pfad vom Status Quo zur Klimaneutralität aufgezeigt wird und dass der Prozess der Transformation für alle transparent gemacht wird. Dazu gehört auch, dass die Öffentlichkeit beteiligt wird, damit das Vorhaben von einer möglichst breiten Mehrheit mitgetragen wird.
Zurzeit können wir nicht erkennen, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind. Der im letzten Jahr für Mannheim entwickelte Klimaschutzaktionsplan (KSAP) bietet keine Sicherheit, dass damit tatsächlich Klimaneutralität erreicht wird, weil der Inhalt an vielen Stellen noch sehr unkonkret ist, weil nicht gesichert ist, dass die Maßnahmen auch alle umgesetzt werden und weil es keine belastbare Abschätzung gibt, in welchem Umfang die CO2-Emissionen dadurch reduziert würden.
In Planung und Stand der Umsetzung des KSAP haben zumindest wir (die Klimagruppen) bisher nur punktuell Einblick erhalten. Der Inhalt des mit der EU abgeschlossenen „Klimastadtvertrags“, für den Mannheim das „Mission Label“ erhalten hat, ist weder der Öffentlichkeit noch uns bekannt. Die für die Nachverfolgung und Visualisierung der Transformation (Monitoring) vorgesehene Software Climateview ist noch nicht online und die Vorstellung dieser Software am „Runden Tisch“ hat verschiedene Fragen offengelassen. Für die meisten Bürgerinnen und Bürger der Stadt dürften der Transformationspfad und der aktuelle Stand noch weniger transparent sein als für uns.
Wenn das 2030er-Ziel noch realistisch sein soll und dafür auch die nötige Unterstützung der Öffentlichkeit hergestellt werden soll, müssen die KSAP-Maßnahmen dringend konkretisiert und priorisiert werden. Vorrangig sind dabei die Maßnahmen in den Bereichen Wärmeversorgung, Verkehr und Industrie wegen deren hohen Anteilen an den CO2-Emissionen und der teilweise absehbar langen Planungs- und Umsetzungszeiträume.
Für die Dekarbonisierung der Fernwärme ist ein Plan erforderlich, welche erneuerbaren Wärmequellen ab wann wieviel Energie pro Jahr liefern sollen, und es müssen entsprechende Vereinbarungen mit den 2/2 beteiligten Betreibern geschlossen werden. Ziel muss die frühestmögliche Unabhängigkeit von fossiler Energieerzeugung im GKM (auf jeden Fall vor 2030) und längerfristig auch die Reduzierung der Abhängigkeit von der Müllverbrennung sein.
Die kommunale Wärmeplanung muss abgeschlossen werden. Es muss schnell geklärt werden, in welchen Straßen die Bewohner bis wann mit einem Fernwärmeangebot rechnen können. Für den Netzausbau dürfen die betriebswirtschaftlichen Ziele der MVV nicht wichtiger sein als die Klimaziele. In Stadtteilen, die nicht mit Fernwärme versorgt werden können, müssen Alternativen angeboten werden (Nahwärme oder auch „kalte Nahwärme“ für den effizienten Betrieb von Wärmepumpen).
Für die energetische Gebäudesanierung und den ggf. nötigen Heizungstausch müssen sehr schnell Beratungsangebote und ergänzende kommunale Förderprogramme (die nicht immer nach kurzer Zeit wieder vergriffen sind!) aufgesetzt werden. Damit sollen u.a. Voraussetzungen für eine warmmietenneutrale Sanierung geschaffen werden.
Für das Handlungsfeld Mobilität ist es wichtig, dass die Verkehrsplanung sehr schnell auf eine weitgehende Verlagerung des innerörtlichen Autoverkehrs auf Fuß- und Radverkehr und den ÖPNV und eine leichtere Erreichbarkeit der Stadt aus dem Umland ohne Auto ausgerichtet wird. Voraussetzung für einen größeren Modal-Split-Anteil der öffentlichen Verkehrsmittel (einschließlich der S-Bahn) ist erstmal die Wiederherstellung von deren Funktionsfähigkeit und Zuverlässigkeit. Fahrtausfälle wegen Personalmangel oder maroder Infrastruktur dürfen nicht mehr vorkommen. Daneben müssen – wegen der langen Vorlaufzeiten – Planungsprozesse für Infrastrukturmaßnahmen wie zusätzliche Straßenbahnlinien und ein Vorrangnetz für den Radverkehr sehr kurzfristig eingeleitet werden. Es müssen auch konkretere Pläne für eine Umverteilung der Verkehrsfläche zugunsten des nicht-motorisierten Verkehrs und für Verkehrsberuhigungsmaßnahmen in der Innenstadt und in Stadtteilzentren und Wohngebieten erstellt werden.
Die Industrie muss offenlegen, in welchen Betrieben in welchem Umfang fossile Brennstoffe zur Erzeugung von Prozesswärme oder zur Eigenerzeugung von Heizwärme und Strom genutzt werden. Besonders für energieintensive Prozesse der Grundstoffindustrie müssen schnell Konzepte für die Umstellung auf Strom, grünen Wasserstoff oder andere erneuerbare Brennstoffe entwickelt werden. Daneben sollten die betrieblichen Potenziale für die Eigenerzeugung von erneuerbarer Energie ermittelt und soweit möglich für die Deckung des Strom- und Heizenergiebedarfs genutzt werden.
Für jede Maßnahme muss ermittelt werden, wie viel CO2-Emissionen eingespart werden. Falls diese Potenziale nicht ausreichen, um Klimaneutralität zu erreichen, muss der KSAP durch zusätzliche Maßnahmen ergänzt werden.
Für den gesamten Prozess muss für ein transparentes Monitoring und eine regelmäßige Bürgerbeteiligung gesorgt werden. Von dem Monitoring erwarten wir, dass auch die Öffentlichkeit sich jederzeit ein Bild vom Status der Transformation machen kann. Insbesondere erwarten wir zudem, dass erkennbar ist, ob es Abweichungen vom geplanten Pfad gibt und ob die geplanten Maßnahmen ausreichen, um 2030 die Klimaneutralität zu erreichen.
Falls einige dieser Forderungen – ohne dass wir es mitbekommen haben – bereits erfüllt sein sollten, würden wir das begrüßen. Über eine baldige Stellungnahme und eine Gelegenheit zum Austausch über den Stand und das weitere Vorgehen bei der Umsetzung des KSAP würden wir uns freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Parents & People for Future Mannheim Fridays for Future Mannheim Extinction Rebellion Mannheim Mannheim Zero Mannheim kohlefrei
Die Mannheimer Klimagerechtigkeitsinitiativen unterstützen das Ziel der Stadt, bis 2030 klimaneutral zu werden, auch wenn die Einhaltung des Mannheimer Emissionsbudgets damit nicht gesichert ist. Voraussetzungen für die Einhaltung dieses knappen Zeitplans wären ein realistischer Pfad vom Status Quo zur Klimaneutralität, Transparenz des Transformationsprozesses und Beteiligung der Öffentlichkeit, damit das Vorhaben von einer möglichst breiten Mehrheit mitgetragen wird.
Diese Voraussetzungen sind zurzeit nicht erfüllt. Der im letzten Jahr für Mannheim entwickelte Klimaschutzaktionsplan (KSAP) bietet keine Sicherheit, dass damit tatsächlich Klimaneutralität erreicht wird, weil der Inhalt an vielen Stellen noch sehr unkonkret ist, weil die Umsetzung der Maßnahmen nicht gesichert ist, und weil es keine belastbare Abschätzung gibt, in welchem Umfang die CO2-Emissionen dadurch reduziert würden. Der Inhalt des mit der EU abgeschlossenen „Klimastadtvertrags“ ist weder der Öffentlichkeit noch uns bekannt. Die für die Nachverfolgung und Visualisierung der Transformation vorgesehene Software Climateview ist noch nicht online.
Wenn das 2030er-Ziel noch realistisch sein soll und dafür auch die nötige Unterstützung der Öffentlichkeit hergestellt werden soll, müssen die KSAP-Maßnahmen dringend konkretisiert und priorisiert werden. Vorrangig sind dabei die Maßnahmen in den Bereichen Wärmeversorgung, Verkehr und Industrie wegen deren hohen Anteilen an den CO2-Emissionen und der teilweise absehbar langen Planungs- und Umsetzungszeiträume.
Für die Dekarbonisierung der Fernwärme ist ein Plan erforderlich, welche erneuerbaren Wärmequellen ab wann wieviel Energie pro Jahr liefern sollen. Ziel muss die frühestmögliche Unabhängigkeit von fossiler Energieerzeugung im GKM (auf jeden Fall vor 2030) sein. Für den Ausbau des Fernwärmenetzes dürfen die betriebswirtschaftlichen Ziele der MVV nicht wichtiger sein als die Klimaziele. In Stadtteilen, die nicht mit Fernwärme versorgt werden können, müssen Alternativen (nach Möglichkeit Nahwärme) angeboten werden. Für Gebäudesanierung und Heizungstausch müssen sehr schnell Beratungsangebote und ergänzende kommunale Förderprogramme aufgesetzt werden, die u.a. Voraussetzungen für eine warmmietenneutrale Sanierung schaffen.
Für das Handlungsfeld Mobilität ist es wichtig, dass die Verkehrsplanung sehr schnell auf eine weitgehende Verlagerung des innerörtlichen Autoverkehrs auf Fuß- und Radverkehr und den ÖPNV und eine leichtere Erreichbarkeit der Stadt aus dem Umland ohne Auto ausgerichtet wird. Damit die öffentlichen Verkehrsmittel (einschließlich der S-Bahn) einen höheren Anteil des Verkehrs übernehmen können, müssen sie zuerst wieder zuverlässig werden, d.h. es darf z. B. keine Fahrtausfälle wegen Personalmangel mehr geben. Daneben müssen – wegen der langen Vorlaufzeiten – Planungsprozesse für Infrastrukturmaßnahmen wie zusätzliche Straßenbahnlinien und ein Vorrangnetz für den Radverkehr sehr kurzfristig eingeleitet werden.
Die Industriebetriebe müssen auch kurzfristig Konzepte für eine Umstellung energieintensiver Prozesse auf Strom, grünen Wasserstoff oder andere erneuerbare Brennstoffe entwickeln. Bislang mit Öl- oder Gasverbrennung selbsterzeugter Strom und selbsterzeugte Heizwärme sollten so weit wie möglich aus erneuerbarer Energie gedeckt werden.
Für jede Maßnahme muss ermittelt werden, wie viel CO2-Emissionen eingespart werden. Falls diese Potenziale nicht ausreichen, um Klimaneutralität zu erreichen, muss der KSAP durch zusätzliche Maßnahmen ergänzt werden. Ein transparentes Monitoring und eine regelmäßige Bürgerbeteiligung sollen die Öffentlichkeit kontinuierlich über den Status der Transformation und insbesondere auch über mögliche Abweichungen vom geplanten Pfad informieren.
Ein wirklicher Transformationsplan sieht anders aus
Seit November 2022 hat Mannheim einen Klimaschutzaktionsplan (KSAP). Er soll als Leitfaden für die Maßnahmen dienen, durch die Mannheim bis 2030 klimaneutral werden soll. Das Anstreben dieses Ziels ist Voraussetzung für die Beteiligung der Stadt an dem EU-Programm „100 Climate Neutral and Smart Cities“. Der Klimaschutzaktionsplan ist in einem längeren Prozess entstanden, an dessen Anfang das Versprechen einer umfassenden Bürgerbeteiligung stand, ein Anspruch, der in der Realität leider kaum eingelöst wurde. Die zu insgesamt acht Handlungsfeldern gebildeten Strategiegruppen, an den Vertreter:innen gesellschaftlicher Gruppen (u.a. auch von Klima- und Umweltorganisationen) beteiligt waren, und in denen die inhaltliche Diskussion über die Maßnahmen stattfinden sollte, haben sich nur wenige Male getroffen. Die eigentliche inhaltliche Arbeit wurde von dem von der Stadt beauftragten Wuppertal-Institut geleistet. Von Anfang an gab es Uneinigkeit über die Zielsetzung und das Vorgehen, z. B. ob es nur um das Erreichen von Klimaneutralität zu einem definierten Zeitpunkt gehen sollte oder auch um die Einhaltung des für Mannheim bei Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad rechnerisch verbleibenden Emissions-Restbudgets von 16,2 Millionen Tonnen CO2, und wie konkret der Transformationspfad festgelegt werden soll.
Die Maßnahmenbeschreibungen müssten angesichts der knappen Zeit konkreter sein
Das Ergebnis hat dementsprechend Licht- und Schattenseiten. Beschrieben werden insgesamt 81 Maßnahmen aus 8 Handlungsfeldern. Es sind gute Ideen dabei, deren Umsetzung den Klimaschutz in Mannheim auf jeden Fall voranbringen würden. Einige der Maßnahmen sind detaillierter beschrieben. Ein großer Teil sieht allerdings mehr aus wie das Ergebnis eines Brainstormings und noch nicht wie eine umsetzbare Planung. Der vielfach nur geringe Konkretisierungsgrad passt schlecht zu der (für einen großen Teil der Transformation) nur noch kurzen verbleibenden Umsetzungszeit.
Z. B. ist es sicher positiv, wenn geplant ist, die Fernwärme durch Erschließung der Potenziale an Flusswärme, Biomasse, Geothermie, industrieller Abwärme und Solarthermie zu dekarbonisieren. Zu diesem Thema war schon viel Vorarbeit geleistet worden. Es gibt z.B. die „Potenzialstudie Klimafreundliche Fernwärme ohne GKM 2030“ von BUND und Fraunhofer IEE und auch die „Energierahmenstudie“ des Wuppertal-instituts für die MVV (was immer man von deren Inhalt hält). Insofern sollte jetzt eigentlich schon konkreter darstellbar sein, von welchem Energieträger bis wann welcher Beitrag zur Fernwärme kommen soll, und wann die Kohleverbrennung im GKM beendet werden kann. Solche Konkretisierungen sucht man im KSAP allerdings vergeblich (das Ende der Kohleverbrennung wird nur als Randbedingung aufgeführt). Schwer zu verstehen ist, dass die Müllverbrennung, die aktuell schon als Energiequelle für die Fernwärme genutzt wird und leider auch fossiles CO2 emittiert, nicht mal erwähnt wird. Notwendig und begrüßenswert ist die geplante Offensive für energetische Gebäudesanierung zur Reduzierung des Heizenergiebedarfs, wobei da nicht wirklich klar wird, wie 4 % Sanierungen pro Jahr bei der begrenzten Handwerkskapazität und anderen bestehenden Hindernissen (Denkmalschutz, Erhaltungssatzungen, Finanzierungsprobleme) erreicht werden sollen.
Positiv ist das Vorhaben, in der Industrie die Energieeffizienz zu verbessern, zu „kohlenstoff-freien oder -armen Energieträgern“ zu wechseln, Abwärme zu nutzen und Prinzipien der Kreislaufwirtschaft mit besserer Wiederverwendung von Rohstoffen einzuführen. Allerdings scheinen auch diese Überlegungen bisher noch wenig konkret zu sein, was angesichts des Stellenwerts dieses Sektors – er ist immerhin für fast die Hälfte des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen von Mannheim verantwortlich – und der kurzen Zeit bis 2030 Zweifel weckt, welchen Beitrag die Industrie bis dahin wirklich leisten wird. Die energieintensiven Prozesse der größeren Betriebe sollten eigentlich bekannt sein (z.B. in der Papierindustrie).
Unterstützenswert ist die Absicht, den klimaschädlichen Autoverkehr durch Verkehrsvermeidung und -Verlagerung auf ÖPNV, Rad- und Fußverkehr zu reduzieren, und nicht nur auf die „Antriebswende“ zu hoffen.
Schließlich ist auch gut und notwendig, dass Maßnahmen zur Klimaanpassung genannt werden, z. B. Flächenentsiegelung, Gebäudebegrünung, und Schwammstadt-Konzept. Hitzewellen und Extremwetterlagen nehmen allgemein zu, so dass die Klimaanpassung dringlicher wird. Dabei sollte aber klar sein, dass diese Maßnahmen kaum zur CO2-Reduzierung beitragen und auf keinen Fall Ersatz für wirksamen Klimaschutz sein können.
Ungesicherte „Rahmenbedingungen“ und unklare Verantwortlichkeit
Für die einzelnen Maßnahmen werden jeweils Rahmenbedingungen, Zeithorizont, Beitrag zur Klimaneutralität, finanzieller Aufwand, mögliche Synergien und Zielkonflikte und Zuständigkeiten für die Umsetzung genannt.
Unter „Rahmenbedingungen“ steht, welche rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen auf EU-, Bundes- und Landesebene vorher geschaffen werden müssen, damit die jeweilige Maßnahme durchführbar und wirksam wird. Es ist unbestreitbar, dass Mannheim keine Insel ist, weder geografisch noch politisch oder energetisch. Die Möglichkeiten, mit den Mitteln und ordnungsrechtlichen Kompetenzen einer Kommune innerhalb eines noch fossilen Umlands lokal Klimaneutralität zu erreichen, sind begrenzt. Die Unterstützung der übergeordneten Ebenen ist von daher tatsächlich nicht unwesentlich. Stellenweise werden unter den geforderten Rahmenbedingungen allerdings auch weltpolitische Risiken und andere schwer beeinflussbare Punkte aufgezählt, wodurch der Eindruck entsteht, dass da schon vorsorglich Hinderungsgründe gesucht werden, auf die später die Schuld für das Verfehlen der Ziele geschoben werden kann.
Unter „Zuständigkeit“ für die Umsetzung der Maßnahmen werden unterschiedliche Fachbereiche der Stadtverwaltung, die Klimaschutzagentur und andere Akteure (von Unternehmen bis zur gesamten „Stadtgesellschaft“) genannt. Die Zuständigkeiten in der Stadtverwaltung sind sehr breit gestreut, was das Risiko birgt, dass sich dort am Ende niemand wirklich verantwortlich fühlt. Die personellen Ressourcen dort werden (trotz Aufstockung bei der Klimaschutzagentur) auch nicht unbegrenzt sein. Was die anderen Akteure betrifft, die die weitaus meisten Emissionen verursachen, hat die Stadt nur eingeschränkte rechtliche und finanzielle Möglichkeiten, deren Verhalten zu beeinflussen, so dass deren Beiträge zur Umsetzung auch nicht als gesichert betrachtet werden können. Verbindliche Vereinbarungen mit den relevanten Akteuren (MVV, RNV, Industriebetriebe), die dafür eigentlich notwendig wären, sind uns bislang nichts bekannt.
Klimaneutralität auch bei vollständiger Umsetzung des Plans nicht gesichert
Auch wenn alle Maßnahmen umgesetzt werden, ist nicht gesichert, dass damit Klimaneutralität erreicht wird. Als Ausgangsbasis für die Emissionsreduzierung wird im KSAP die Mannheimer Emissionsbilanz von 2018 des IFEU-Instituts verwendet. Danach wurden in Mannheim 2018 3,1 Millionen Tonnen CO2 emittiert, davon 48,8 % durch die Industrie, 22,5 % von den Haushalten und 22,4 % durch den Verkehr.
aus IFEU Emissionsbilanz Mannheim 2018
Nur für 27 der 81 Maßnahmen werden Abschätzungen für erzielbare Emissionseinsparungen angegeben. Die Berechnung dieser Zahlen ist nicht nachvollziehbar. Auch bei Maßnahmen, die bislang nur sehr grob umrissen sind, gibt es zum Teil erstaunlich hochauflösende (und damit Genauigkeit suggerierende) Angaben zur Emissionsreduzierung. Z.B. soll die Mannheimer Industrie durch die oben genannten Maßnahmen zur Energieeinsparung und zur Nutzung erneuerbarer Energie genau 319.900 t CO2 im Jahr vermeiden.[i] Zu den restlichen 54 Maßnahmen werden keine Minderungspotenziale angegeben. Wenn man die angegebenen Zahlen trotz ihrer schlechten Nachvollziehbarkeit für bare Münze nimmt, sie alle addiert (obwohl die Potenziale sich teilweise erklärtermaßen teilweise überlappen) und dabei auch noch optimistisch annimmt, dass die Vorweg-Verringerung des Gesamtenergieverbrauchs um 20 %, die letztes Jahr aufgrund der Energiekrise angenommen wurde, als dauerhaft eingepreist werden kann, kommt man in der Summe auf eine Reduzierung der Emissionen um knapp 2,3 Millionen Tonnen. Bis „netto null“ würden dann noch über 800.000 Tonnen fehlen. D.h. einen wirklichen Pfad zur Klimaneutralität zeigen diese Maßnahmen nicht auf.
Emissionen 2018 und Emissionsminderung durch KSAP-Maßnahmen
Rechnung zur Zielerreichung basiert auf anderem Szenario
Um trotzdem eine Aussage über die Erreichbarkeit des Ziels machen zu können, werden im letzten Kapitel des KSAP zwei mögliche Pfade zur Klimaneutralität untersucht, die allerdings nicht auf den davor beschriebenen Maßnahmen beruhen, sondern auf einem anderen Szenario, das das Wuppertal-Institut davor in der bereits erwähnten Energierahmenstudie (ERS) für die MVV entwickelt hatte. Grund dafür ist wohl, dass für dieses Szenario im Gegensatz zum KSAP schon ein Rechenmodell für Energieverbrauch und Emissionsfaktoren vorlag. Die Energierahmenstudie ist stark auf Strom- und Wärme fokussiert, geht von anderen Ist-Emissionszahlen aus[ii] und ist in ihrer bisherigen Fassung auf eine Klimaneutralität erst im Jahr 2050 ausgerichtet. Um da schon 2030 hinzukommen, müsste die in der ERS beschriebene Transformation stark beschleunigt werden. Ob das möglich ist, wird nicht im Einzelnen untersucht. Es werden nur Voraussetzungen dafür formuliert, z. B. dass in diesem Fall der von außerhalb Mannheims kommende Netzstrom und das Gas schon 2030 klimaneutral sein müssten, dass 4 bis 6 Prozent der Häuser pro Jahr energetisch saniert werden müssten, und dass Heizungen und Autos schneller ausgetauscht werden müssten, als es bei deren technischer Lebensdauer üblich ist. Hier entsteht noch mehr als in der Beschreibung der KSAP-Maßnahmen der Eindruck, für die Erreichung der Ziele würde es hauptsächlich auf externe und andere nur eingeschränkt beeinflussbare Faktoren ankommen.
Zuletzt wird ein Abgleich gemacht zwischen den auf Mannheim entfallenden Restbudgets an CO2-Emissionen für die Einhaltung der 1,5 und der 1,75 Grad Grenze, und den kumulierten Emissionen, die bis 2030 in Mannheim entstehen würden, wenn man bis dahin mit dem ambitionierteren der beiden aus der ERS abgeleiteten Pfade, der deutlich über die KSAP-Maßnahmen hinaus geht[iii], eine Reduzierung der Emissionen um 93 % erreicht[iv]. Dabei kommt heraus, dass das Budget für die Begrenzung auf 1,75 Grad in diesem Fall einhaltbar wäre, das für 1,5 Grad allerdings nicht.
D.h. scheinbar gilt jetzt sogar das von der Klimabewegung geforderte weitergehende Ziel, nämlich die Einhaltung des Mannheimer 1,5-Grad-Budgets als Maßstab. Dafür wird aber die Erreichung der Klimaneutralität bis 2030 schon vorab als gegeben vorausgesetzt. Am Ende hat man also einen Maßnahmenkatalog ohne wirkliche Wirkungsabschätzung und dafür eine Wirkungsabschätzung für ein anderes, ursprünglich längerfristig geplantes Szenario, dessen Umsetzbarkeit bis 2030 an einige eher unwahrscheinliche Annahmen gebunden ist. Und man tröstet sich damit, dass man, falls diese unwahrscheinlichen Bedingungen trotzdem alle erfüllt werden sollten, sogar in die Nähe der Einhaltung des Emissionsbudgets kommen könnte. Das heißt nicht, dass es völlig ausgeschlossen ist, mit den KSAP-Maßnahmen das Klimaneutralitätsziel oder sogar das Budgetziel zu erreichen. Es wäre dann aber mehr Zufall als Planung. Ein wirklicher Transformationsplan sieht anders aus.
Der Gemeinderat hält sich Hintertüren offen
Der Gemeinderat hat sich zudem beim Beschluss über den Klimaschutzaktionsplan vorbehalten, über die einzelnen Maßnahmen und deren Finanzierung jeweils nochmals getrennt abzustimmen. Dass dabei alle Maßnahmen auch einzeln eine Mehrheit bekommen, dürfte schon bei der derzeitigen Zusammensetzung des Gemeinderats nicht gesichert sein, z. B. bei den traditionell kontroversen Themen im Verkehrsbereich. Durch die Neuwahl 2024 könnten sich die Voraussetzungen dafür weiter verschlechtern.
Mannheim kohlefrei fordert tatsächliche Transformationsplanung und Umsetzungscontrolling mit Bürgerbeteiligung
Mannheim kohlefrei unterstützt das Ziel, Mannheim bis 2030 klimaneutral zu machen und erwartet von allen Beteiligten, dass an diesem Ziel festgehalten wird, auch wenn die Realisierung schwieriger wird, als es im KSAP auf den ersten Blick erscheint. Wir fordern weiterhin auch die Einhaltung des auf Mannheim entfallenen CO2-Restbudgets. Für die Klimagerechtigkeit ist die Menge an CO2, die bis zum Zeitpunkt der Klimaneutralität noch emittiert wird, relevanter als der Termin der Klimaneutralität.
Trotz der bestehenden Kritikpunkte setzen wir uns für die Umsetzung des KSAP ein. Das allein reicht aber nicht. Der KSAP muss durch eine tatsächliche Transformationsplanung untersetzt werden. Dazu gehört eine Konkretisierung der Maßnahmen, die Entwicklung eines Rechenmodells, das die bislang fehlende Abschätzung der Emissionsminderungspotenziale ermöglicht, bei Bedarf Ergänzungen des KSAP durch zusätzliche Maßnahmen, eine genauere Abschätzung des Finanzbedarfs, Einigungen mit Landes-, Bundes- und EU-Ebene über Fördermittel und rechtliche Voraussetzungen, eine verbindliche Einbindung der MVV und der größeren Betriebe, ein transparentes Umsetzungscontrolling und eine begleitende Bürgerbeteiligung.
[i] Zumindest teilweise wurden sie offenbar per Dreisatzrechnung aus Zahlen abgeleitet, die in einem Papier des Umweltbundesamts als bundesweite Reduzierungspotenziale genannt werden, die im Einflussbereich der Kommunen liegen
[ii] Die Berechnungsmethoden für die Emissionen des örtlichen Stromverbrauchs und der durch Kraft-Wärme-Kopplung gewonnenen Wärme unterscheiden sich von denen, die für die IFEU-Emissionsbilanz von 2018 verwendet werden. Außerdem gibt es Abweichungen z. B. beim Erdgasverbrauch der Industrie (laut IFEU-Zahlen von 2018 immerhin 1,5 TWh mit Emissionen von 380.000 Tonnen CO2), der in den ERS-Zahlen gar nicht enthalten ist, und bei den Emissionen des Verkehrs, die von IFEU mit 700.000 und in der ERS nur mit 500.000 Tonnen angegeben werden.
[iii] Bei diesem ambitionierteren Pfad wird u.a. angenommen, dass das Müllheizkraftwerk bis 2030 durch eine (aus ökologischen Gründen umstrittene) CO2-Abscheidung „klimapositiv“ wird und dass der Anteil batterieelektrischer Autos im Straßenverkehr bis dahin 50 % beträgt.
[iv] 93 % sind keine 100 %, d.h. es gäbe dann voraussichtlich auch in den Folgejahren noch Emissionen, die man in den Budgetabgleich einrechnen müsste
Nur zwei von vier Mannheimer Bundestagsabgeordneten beantworten Fragen zur Novellierung des Klimaschutzgesetzes.
Bekanntlich plant die Ampelkoalition eine Novellierung des Bundes-Klimaschutzgesetzes, die die bisher geltenden Regeln für das Gegensteuern bei Überschreitungen der zulässigen Jahresemissionsmengen an Treibhausgasen aufweichen würde. Während nach der aktuellen Fassung des Gesetzes schon dann, wenn ein einzelner Sektor seine festgelegte Jahresemissionsmenge überschreitet, das zuständige Ministerium ein Sofortprogramm mit Gegenmaßnahmen vorlegen muss, fordert die neue Fassung solche Gegenmaßnahmen nur noch dann, wenn eine zukünftig jährlich zu erstellende Prognose in zwei aufeinanderfolgenden Jahren ergibt, dass die bis 2030 gesetzlich erlaubten Emissionsmengen aller Sektoren in der Summe voraussichtlich überschritten werden. In der Klima-Bewegung wird diese Lockerung des Gesetzes kritisch gesehen (siehe auch Kommentar unten).
Die Klimagerechtigkeitsinitiativen Parents & People for Future Mannheim, Fridays for Future Mannheim und Mannheim kohlefrei hatten Anfang Juni alle Mannheimer Bundestagsabgeordneten angeschrieben und gefragt, wie sie zu diesem Vorhaben stehen, und ob und unter welchen Voraussetzungen sie dieser Novellierung des Klimaschutzgesetzes zustimmen würden.
Geantwortet haben nur Gökay Akbulut (Linke) und Melis Sekmen (Grüne). Frau Akbulut lehnt die geplante Novellierung ab und verlangt ein Hochfahren statt einer Abschwächung von Zielvorgaben im Klimaschutz. Sie fordert u. a. eine „echte Verkehrs- und Wärmewende“ sowie einen „sozial-ökologischen Umbau“, damit der Klimaschutz nicht zu Lasten ärmerer Menschen geht. Frau Sekmen sieht die Novellierung – trotz notwendiger Kompromisse – positiv. Sie betont, dass die Emissionsbegrenzungen im Gesetz erhalten bleiben und hält die geplante Orientierung an den Prognosen für 2030 für einen „wichtigen Meilenstein“. Sie ist optimistisch, dass es auch bei der Reduzierung der Emissionen im Verkehrsbereich Fortschritte gibt.
Isabel Cademartori (SPD) und Konrad Stockmeier (FDP) haben auf unsere Anfrage nicht reagiert. Wir haben von ihnen weder eine inhaltliche Antwort erhalten noch eine Begründung, warum sie die Fragen nicht beantworten wollen. Wir können deshalb über die Gründe nur spekulieren. In jedem Fall scheint die Priorität des Klimaschutzes zumindest in Teilen des politischen Spektrums nicht mehr sehr hoch zu sein – schlechte Voraussetzungen für den dringend notwendigen Transformationsprozess, der in vielen Bereichen noch gar nicht richtig begonnen hat.
Noch größeres Risiko, dass notwendige Klimaschutzmaßnahmen verschleppt werden
Wenn in Zukunft die Treibhausgas-Emissionen nur noch in der Summe überwacht werden, können Über- und Unterschreitungen einzelner Sektoren miteinander verrechnet werden. Die Betreiber dieser Aufweichung wollen damit wohl vor allem die Überschreitungen im Sektor Verkehr (und jetzt wohl auch im Sektor Gebäude) quasi legalisieren, was allerdings die Probleme nicht löst und auch rechnerisch nur so lange gehen wird, wie der Sektor Industrie aufgrund hoher Energiepreise unter seinen Emissionsgrenzen bleibt. Noch schädlicher ist, dass für eine Verpflichtung zum „Nachsteuern“ nicht mehr die objektiven Ist-Emissionsdaten maßgeblich sein sollen, sondern „Projektionsdaten“, die durch Annahmen gestaltet werden können, etwa indem man erstmal „optimistisch“ davon ausgeht, dass 2029 die Emissionen stark sinken werden, weil man dann große Mengen an grünem Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen erwartet. Außerdem wird unnötig Zeit verschwendet, weil selbst dann, wenn eine derartige Projektion schon vor 2029 zu dem Ergebnis kommt, dass das 2030er-Ziel voraussichtlich verfehlt wird, erst noch ein Jahr auf die nächste Prognose gewartet werden soll, bevor „nachgesteuert“ werden muss. Der Spielraum der Bundesregierung bei Entscheidungen, ob überhaupt und wann sie auf Abweichungen vom geplanten Reduzierungspfad reagiert, würde deutlich größer. Gerade auch vor dem Hintergrund der Uneinigkeit in der Ampelkoalition über die praktische Umsetzung und die Priorität ihrer Klimapolitik hätte man mit dieser neuen „Freiheit“ ein noch viel größeres Risiko, dass notwendige Maßnahmen so lange verschleppt werden, bis es zu spät ist.
Wir sind heute hier um unseren Widerstand gegen die Räumung Lüzerath‘s auszudrücken. Besonders protestieren wie gegen die Polizeigewalt bei der Räumung, das Knüppeln auf Kopf und Thorax derjenigen, die sich mit ihrem Einsatz der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen entgegensetzen.
Wir wehren wir uns ganz entschieden gegen das Abbaggern von 280 Mio. Tonnen besonders klimaschädlicher Braunkohle, die einer Studie zufolge nicht mehr gebraucht werden. Die Kohle unter Lüzerath wird von RWE nur zu einem Zweck abgebaggert, nämlich dem der Profitmaximierung.
Doch nicht nur im Tagebau Garzweiler ist RWE aktiv. Auch hier in Mannheim betreibt RWE zusammen mit EnBW und MVV das Großkraftwerk Mannheim, in dem seit Jahrzehnten Kohle zum Zwecke der Stromerzeugung und Wärmegewinnung verfeuert wird. Noch im Jahr 2015 wurde der bislang letzte Block 9 des GKM in Betrieb genommen, obwohl den Konzernen die klimaschädlichen Auswirkungen der Kohleverbrennung seit Jahrzehnten bekannt sind. Das Management der MVV brüstet sich ja damit, dass es seit Jahren nur an eine klimaneutrale Umstellung der Wärmeversorgung denkt. Allein diese Inbetriebnahme 2015 konterkariert diese Eigensicht auf trefflichste.
Aktuell verbaut die MVV 100 Millionen EUR für die Sicherung ihrer bis jetzt nicht vorhandenen erneuerbaren Wärmeversorgung. Damit werden zwei neue Heizkessel erstellt, die mit Gas betrieben werden sollen. Zukünftig soll auch die Müllverbrennung ausgebaut werden, statt alles dafür zu tun um Müll zu vermeiden.
2020 wurde Block 7 des GKM im Rahmen des Kohleausstieges aus der dauerhaften Stromproduktion entnommen. Jetzt gut zwei Jahre später ist dieser Block wieder in Betrieb.
Das hat der Aufsichtsrat der MVV, in dem die Stadt den Vorsitz hat, im Dezember beschlossen. Es ist unglaublich.
Gemeinsam betreiben Konzerne und Regierungen eine schon fast unwirkliche weiter-so Politik, deren wichtigster Bestandteil weiteres Wirtschaftswachstum um fast jeden Preis ist. Niemals kommt es solcher Politik in den Sinn, Ukrainekrieg und Energiekrise für eine massive Umgestaltung der Energieversorgung zu nutzen. Stattdessen werden mit Milliardenaufwand LNG Terminals für besonders schädliches Fracking Gas gebaut, arabische Potentaten werden wegen alsbaldiger Öl- und Gaslieferungen hofiert. Die Länder des Südens werden in neokolonialer Manier mit beträchtlichen Mitteln zur Lieferung von Kohle, Gas und Wasserstoff gedrängt.
Hier in Deutschland wird diese Politik durch einen Deal mit RWE abgesichert. Ein Deal der nicht nur die Kohle unter Lüzerath abbaggert, sondern durch seine zeitliche Begrenzung bis zum Jahre 2030 dazu beiträgt, dass die ganze Kohle schon bis dahin verbrannt sein wird. Ein früherer Kohleausstieg führt damit dazu, dass die Emissionen weiter steigen und die Einhaltung des 1,5 Grad Zieles in Deutschland nicht mehr möglich sein wird. Die Verursacher der Klimakrise wie RWE und MVV sind keine vertrauenswürdigen Partner bei der Bekämpfung der Klimakrise und dürfen bei der Politik kein Gehör mehr finden. Es kann nicht sein, dass heute Block 7 wieder in Produktion ist! Es wird Zeit, dass in Mannheim endlich Flusswärme und tiefe Geothermie für die Wärme sorgen.
Mit einer Laserbeameraktion protestierte Mannheim Kohlefrei zusammen mit der Ortsgruppe von German Zero und Fridays for Future Mannheim am Globalen Klimaaktionstag 24.09.2021 gegen die Errichtung einer gasbetriebenen 300 MW Heißwasserkesselanlage und eines 2000-t-Heizöltanks am Standort des Grosskraftwerks Mannheim-Neckarau. Im Anschluss an die Demonstration „#AlleFürsKlima“ in der Mannheimer Innenstadt nutzten wir abends die „blaue Stunde“, um unsere Forderungen an Politik und MVV für den Ausstieg aus der Kohle-/Gas-/Müllverbrennung zu stellen. Der Mannheimer Morgen berichtete: