Haben Sie den Vortrag verpasst und wollen mehr über Geothermie, eine Alternative für Mannheim, erfahren? Wir haben es aufgenommen und Sie können es sich anschauen:
In Landau kam es ja zu nachgewiesenen Mikrobeben in Zusammenhang mit dem Testkraftwerk, hier ist der Untergrund ja ähnlich wie in Mannheim. Wie ist hier Ihre Einschätzung?
Kristian Bär: Die tiefengeothermische Dublette in Landau erschließt Störungszonen im kristallinen Grundgebirge. Es kommen im Bereich der offenen Bohrlochstrecken aber auch Gesteine des Buntsandsteins und Rotliegend. Zudem war in Landau war der zur Reinjektion benötigte Druck vergleichsweise hoch. In Mannheim ist bisher nach meinem Kenntnisstand nur die Nutzung des Buntsandsteins als Reservoirhorizont geplant und nicht die des kristallinen Grundgebirges. Anhand der Bohrung Brühl wissen wir, dass der Buntsandstein sehr hohe Permeabilitäten aufweisen kann. In diesem Fall sind keine hohen Injektionsdrücke zur Wiedereinleitung der abgekühlten Thermalsole nötig. Die Spannungsverhältnisse in den erschlossenen Störungszonen des Buntsandsteins werden daher voraussichtlich weniger stark beeinflusst, was das Risiko für induzierte seismische Ereignisse signifikant reduziert.
Es hieß, alle Beben fanden bisher nur im kristallinen Grundgebirge unter dem Bundsandstein statt. Können Sie dies noch erläutern?
Kristian Bär: Alle mir bekannten Beben, die im Zusammenhang mit geothermischen Projekten im Oberrheingraben gesehen werden, traten in Tiefenlagen auf, in denen das kristalline Grundgebirge (also granitische Gesteine o.ä.) vorkommen. Die Art der überlagernden Gestein ist hierbei irrelevant wenn diese nicht durch die Bohrungen miterschlossen sind. Im Buntsandstein ist wie bereits beschrieben mit deutlich höherer Permeabilität und Porosität des Gesteins zu rechnen. Dadurch können Injektionsdrücke durch Fluidtransport ins Reservoir deutlich schneller abgebaut werden als im kristallinen Grundgebirge, wo die Permeabilität und Porosität annähernd ausschließlich an Klüfte und Störungszonen gebunden ist.
Auf Island war/(ist?) Geoothermienutzung heftig umstritten. Kennen Sie die Beweggründe für die Kritik?
Kristian Bär: Nein, hierzu ist mir nichts genaueres bekannt.
Richtig geplante und realisierte Projekte sind bei verantwortungsvoller Betriebsweise sehr sicher. Das war bei Kernenergienutzung auch versprochen.
Kristian Bär: Bei der Kernenergie entstehen hochradioaktive Abfälle, die für Millionen von Jahren die Umwelt belasten. Bei der Tiefengeothermie kam es bisher nur sehr vereinzelt zu spürbaren Beben, die allein aufgrund ihrer Magnitude nur minimal Schäden auslösen können. Ich sehe die Vergleichbarkeit der Risiken beider Technologien als nicht gegeben an.
Angenommen es wird entnommene Wärme in Sommerzeiten NICHT wieder zurückgebracht: was geschieht über längeren Zeitpunkt mit der Bodentemperatur?
Kristian Bär: Über natürlichen Wärmetransport (Wärmeleitung im Gestein und Wärmetransport über Fluide) wird sich die eingespeicherte Wärme über einen Zeitraum von mehreren Jahren im Untergrund ausbreiten und sich dabei der natürlichen Untergrundtemperatur angleichen, bis wieder ein thermisches Gleichgewicht erreicht ist. Bei Tiefenlage der Speicherhorizonte von mehreren hundert Metern bis zu 1-2 km ist hier auch langfristig keine Beeinflussung der Temperatur an der Erdoberfläche zu erwarten.
Wie sieht es mit den weißen Flecken auf der Karte für Deutschland aus? Liegen da keine Daten vor, oder ist da mit keinem Potential zu rechnen? Mich interessiert besonders der Kölner Raum.
Kristian Bär: Für viele Bereich Deutschland liegen nach wie vor noch keine ausreichenden Daten über die Beschaffenheit der Untergrunds in geothermisch relevanter Tiefe vor. In anderen Bereichen kommen tatsächlich keine Gesteinsformationen vor in denen eine hydrothermale Stromerzeugung möglich ist, d.h. es gibt keine Gesteinsformationen mit ausreichend hoher Porosität und Permeabilität bei gleichzeitig ausreichend hoher Temperatur. Genauere Informationen finden Sie im Geothermischen Informationssystem (geotIS) von Deutschland. Für den Kölner Raum gibt es auch genauere Informationen des Geologischen Dienstes von Nordrhein-Westfalen.
In wieweit ist Geothermienutzung erneuerbar (falls keine Speicherbetrieb erfolgt)? Bzw. woher kommt die Wärme?
Kristian Bär: Die Wärme kommt zu einem gewissen Anteil aus der natürlichen radiogenen Wärmeproduktion der Gesteine der Erdkruste, die kontinuierlich abläuft und Wärme nachliefert. Ein weiterer Teil kommt durch Wärmeleitung aus dem Erdinnern, ist also quasi die gespeicherte Wärmeenergie aus der Zeit der Erdentstehung. Ob die Geothermienutzung erneuerbar ist, hängt daher stark von den lokalen Wärmequellen und der Wärmeleitung statt sowie der Intensität der Nutzung ab. Hierzu werden regionalskalige geothermische Modelle entwickelt, die diese Prozesse berücksichtigen und somit eine Nutzungsdauer prognostizierbar machen.
Wie ist es möglich, die Wirkung menschgemachter Temperaturgefälle in vergleichsweise kurzen Zeiträumen vorherzusagen?
Kristian Bär: Durch numerische Modellierung des Wärmetransports im Untergrund. Hierbei werden alle physikalischen Prozesse des Wärmetransports simuliert und dabei natürliche Wärmequellen und die Wärmeleitung aus dem tiefen Untergrund genauso berücksichtigt, wie der Betrieb eines geothermischen Kraftwerks.
Wir bedanken uns ganz herzlich für die vielen interessanten Fragen. Auch ein großes Dankeschön an Dr.Bär!
Machen Sie Mannheim beim Klimaschutz zum Vorbild!