Bereits im Frühjahr 2020 gab es Hinweise auf Neubaupläne für ein Biomasseheizkraftwerk. Diese wurden im Verlauf teilweise mit verschiedenen Standorten in Verbindung gebracht (GKM, Friesenheimer-Insel).
Nun wurde im Hauptausschuss des Mannheimer Gemeinderates Ende Juli 2021 der Neubau eines Biomasseheizkraftwerks vom Technikvorstand der MVV Energie AG Herrn Dr. Roll angekündigt. Als Brennstoff soll Altholz eingesetzt werden (200 km Umkreis), wobei Frischholz nicht explizit ausgeschlossen wurde.
Trotz der hohen Wärmepotenziale von Geothermie und Flusswärme, die inzwischen unbestritten sind, und emissionsfrei und bei null CO2 Emissionen Wärme bereitstellen können, soll nun doch vermehrt auf Verbrennung von Biomasse zurückgegriffen werden.
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Weitere Informationen zu unseren Forderungen und zu den Alternativen finden Sie unter www.mannheim-kohlefrei.de.
Wir bitten alle Medien im Rhein-Neckar-Raum um Veröffentlichung der folgenden Pressemitteilung. Für Nachfragen, Interviews, Einladungen in Redaktionen und/oder lokale Fernsehsender wenden Sie sich bitte an unseren Sprecher (September 2021) :
Mannheim Kohlefrei kritisiert die Energierahmenstudie ERS der MVV Energie AG
Die Energierahmenstudie der MVV Energie AG 2018
Auftragnehmer zur dieser Energierahmenstudie ist das Wuppertal Institut. Die Zusammenarbeit mit der Stadt Mannheim erfolgte in einem Begleitkreis. Aufgabe der Studie war aufzuzeigen wie Klimaneutralität bis 2050 in Mannheim erreicht werden kann.
Die Orientierung am Zeithorizont 2050 erfolgte in Anlehnung an bundespolitische Beschlüsse. Keine ökonomische Betrachtung des Klimaschutzszenarios (ERS, Seite 5). Es wurden keine ökonomischen Analysen vorgenommen. Stattdessen wurden Sensitivitätsbetrachtungen durchgeführt, die allerdings lediglich Varianten in den Annahmen und deren Auswirkungen auf die Ergebnisse betrachteten.
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Wir bitten alle Medien im Rhein-Neckar-Raum um Veröffentlichung der folgenden Pressemitteilung. Für Nachfragen, Interviews, Einladungen in Redaktionen und/oder lokale Fernsehsender wenden Sie sich bitte an unseren Sprecher (August 2021) :
Unsere Stellungnahme zur Mannheim’s Klimaaktionsschutzplan
Kritik an der von der Stadt vorgeschlagenen Vorgehensweise
Eine Zieleorientierung an Reduktionen der CO2 Emissionen zu bestimmten Zeitpunkten (2030, 2035 2040) festzumachen halten wir für nicht ausreichend und sogar irreführend, weil zu keinem Zeitpunkt sichergestellt wird, wieviel von dem zur Verfügung stehenden Restbudget für Mannheim noch zur Verfügung steht. Damit ist die Zielerreichung – Einhaltung der 1,5 Grad Grenze – nicht gesichert.
Eine weitere Ausführende Erklärung finden Sie in unserer PDF. Sie beinhaltet unter anderen wissenschaftlichen Hintergrund zur unserer Stellungnahme:
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Wir bitten alle Medien im Rhein-Neckar-Raum um Veröffentlichung der folgenden Pressemitteilung. Für Nachfragen, Interviews, Einladungen in Redaktionen und/oder lokale Fernsehsender wenden Sie sich bitte an unseren Sprecher (Juli 2021) :
„Mannheim kohlefrei“ startet Unterschriftensammeln. Wir verlangen: der Gemeinderat möge beschließen, dass unverzüglich die Erstellung eines Klimakonzepts in Auftrag gegeben werden soll – erfahren Sie warum:
„Wenn die Politik nicht handelt, machen wir den notwendigen Klimaschutz und den Ausstieg aus der fossilen Wärme eben selbst“, so Pia Vogel von Mannheim kohlfrei. Mannheim kohlefrei hat sich das Ziel gesetzt, das Steinkohlekraftwerk bis spätestens 2030 überflüssig zu machen und wird unter anderem von Fridays For Future Mannheim, Extinction Rebellion Mannheim und der Interventionistische Linke Rhein-Neckar unterstützt.
„Um das GKM bis spätestens 2030 abzuschalten, die Fernwärme zu dekarbonisieren und die 1.5 Grad Grenze des Pariser Klimaschutzvertrags einzuhalten, muss die Stadt und die MVV jetzt aktiv werden“, beschreibt Günther Frey die Dringlichkeit der Situation. „Genau deswegen sammeln wir bis Ende September 2.500 Unterschriften von Mannheimer*innen, um einen Antrag im Gemeinderat stellen zu können“. Der Gemeinderatsantrag sieht die Erstellung eines Konzeptes, wie die Fernwärme bis spätestens 2030 erneuerbar in Mannheim organsiert werden kann, durch ein unabhängiges Klimainstitut vor. Dieses Konzept soll dann von der Stadt und der MVV so schnell wie möglich umgesetzt werden.
Leon Brülke berichtet von viel positiver Zustimmung für diesen Antrag: „In zwei Wochen haben wir schon mehr als 500 Unterstützungsunterschriften gesammelt. Die Menschen erwarten, dass die Politik die Klimakrise ernst nimmt und handelt“. Ausgefüllte Unterstützungslisten können bei dezentralen Sammelstellen, die in den zentrumsnahen Vierteln zu finden sind, abgeholt und abgegeben werden. Auch wird eine Rad-Demonstration von der MVV zum GKM am 12. September geplant.
„Wenn im Oktober dann der Antrag im Gemeinderat behandelt wird, können die Politker*innen zeigen, auf welcher Seite sie stehen: Auf der Seite der Kohlekonzerne und der fossilen Wirtschaft oder auf der Seite der Menschen und Wissenschaft, die auf notwendige Entscheidungen und Maßnahmen drängen, um die Klimakrise aufzuhalten“, macht Leon Brülke deutlich und gibt noch einen Blick in die Zukunft: „Falls sich die Mehrheit aus SPD, Grünen und LIPARTIE gegen den Antrag aussprechen, gibt es auch noch die Möglichkeit eines Bürgerentscheids. Aber natürlich hoffen wir, dass die Parteien die Klimakrise ernstnehmen und sich verantwortungsbewusst entscheiden.“
Im Folgenden der Antragstext:
Der Gemeinderat möge beschließen, dass unverzüglich die Erstellung eines Klimakonzepts in Auftrag gegeben werden soll, das geeignete Maßnahmen und einen Umsetzungsplan beinhaltet, um bis zum Jahr 2030 die Umstellung der Fernwärmeversorgung Mannheims auf der Basis erneuerbarer Energien zu erreichen. Dieses Klimakonzept ist anschließend dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorzulegen.
Begründung: Mannheim soll seinen Beitrag zum Klimaschutz entsprechend der internationalen Verpflichtungen im Rahmen des Pariser Vertrags leisten.Grundlegend ist dabei, die Verbrennung von Kohle im Großkraftwerk Mannheim so rasch wie möglich zu beenden. Geeignete Maßnahmen wie die Erzeugung vonFernwärme aus erneuerbaren Energie-Anlagen sowie forcierter Wärmeschutz an Gebäuden sind dabei zentral. Ein entsprechendes Klimakonzept sollte von einem unabhängigen Institut unter Beteiligung eines dazu eingesetzten Klima-Bürgerrats ausgearbeitet werden, um eine einseitige Beeinflussung durchWirtschaftsinteressen zu vermeiden. Der Umsetzungsplan kann auch Maßnahmen enthalten, wie bei einem eventuellen Verfehlen der im Umsetzungsplan jährlichfest zu schreibenden Teilziele zu verfahren ist, um das gesetzte Endziel im Jahr 2030 doch noch zu erreichen.“
Weitere Informationen zu unseren Forderungen und zu den Alternativen finden Sie unter www.mannheim-kohlefrei.de.
Wir bitten alle Medien im Rhein-Neckar-Raum um Veröffentlichung der folgenden Pressemitteilung. Für Nachfragen, Interviews, Einladungen in Redaktionen und/oder lokale Fernsehsender wenden Sie sich bitte an unsere drei Sprecher*innen:
Leon Brülke, Tel. 017647674127 Pia Vogel, Tel. 015789666550 Günther Frey, Tel 0621-43727911
Mit freundlichen Grüßen i.A. für die Gruppe Mannheim kohlefrei Karlheinz Paskuda
Sehr geehrte Damen und Herren des Gemeindrats Mannheim,
die Vorbereitungen zur Erstellung des Klimaschutzaktionsplans in Mannheim nehmen offenbar Fahrt auf.
Die unterzeichneten Gruppen der Klimagerechtigkeitsbewegung in Mannheim fordern daher (in diesem offenen Brief) zur Erarbeitung eines Klimaschutzaktionsplanes vom Gemeinderat:
Einen Beschluss zur unbedingten Einhaltung der 1,5 Grad Grenze entsprechend des Pariser Klimaabkommens. Dafür sollte sich Mannheim ein CO2 Budget setzen das die Maßstäbe der Klimagerechtigkeit, insbesondere im Hinblick auf den globalen Süden, einhält. Alle Maßnahmen müssen sich daher an einem jährlich zu überprüfenden Verminderungspfad der Emissionen Mannheims ausrichten, der diese Einhaltung garantiert.
Die sofortige Einberufung eines Klimabürger*innen Rates, nach dem Modell des Klima Konvent (Frankreich), der zur Ausarbeitung des Klimaschutzaktionsplanes berufen werden soll. Dazu muss er mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet werden, wie z.B. Mitsprache nach dem Konsensprinzip bei der Beauftragung von Expertisen, Studien, wissenschaftlicher Begleitung, Anhörungen von benannten Experten u.s.w.
Die Ausstattung der Erarbeitung des Klimaschutzaktionsplanes mit den erforderlichen Mitteln. Das bisher vorgesehene Budget ist nicht näherungsweise ausreichend, um bis Anfang nächsten Jahres eine Planung vorlegen zu können.
Wir als Gruppen der Klimagerechtigkeitsbewegung Mannheims verlangen von Ihnen, daß sie sich der Dringlichkeit entschlossenen Handels endlich bewusst werden, und die notwendigen Schritte umgehend beschließen.
Die Stadt Mannheim plant einen Klimaschutzaktionsplan der Klimaneutralität erst 2050 anstrebt. Wir finden das eindeutig zu schwach und haben gestern vor dem Gemeinderat mit anderen Klimaschutzgruppen demonstriert!(Mannheim, April 2021)
Am 1.3.2021 wurde durch die MVV Energie AG die Studie „Wege zur Klimaneutralität“ veröffentlicht. Die Stadt Mannheim möchte diese Studie als Energierahmenstudie für weitere Beschlussfassungen und die Erarbeitung eines Klimaschutz-Aktionsplans zu Grunde legen.
Wir stellen dazu fest, dass es desbezüglich bislang keine Beschlusslage im Mannheimer Gemeinderat gibt.
Wir sehen eine Reihe von gravierenden Defiziten, die sich vermutlich durch die Aufgabenstellung und Ausrichtung des Studiendesigns erklären lassen. Die Notwendigkeit einer eigenen Studie, beauftragt durch die Stadt Mannheim, unabhängig von wirtschaftlichen Interessen und Zwängen, wird offensichtlich.
Die der Öffentlichkeit zugängliche Studie[1] macht eine detaillierte Diskussion und Überprüfung schwer möglich. So fehlen beispielsweise wichtige ökonomische Daten, ganz abgesehen von ausführlichen Unterlagen zu den Berechnungen, so dass wir uns in unserer Kritik auf die veröffentlichte Version beschränken müssen.
Kritik in Kurzform
1. Klimaziele Die Erreichung einer Klimaneutralität (95% Reduktion der CO2-Emissionen) der Stadt Mannheim wird laut Studie erst im Jahr 2050 erreicht werden. „Die Erderwärmung soll nach Art. 2 des Pariser Klimaabkommens im Vergleich zum vorindustriellen Niveau auf deutlich unter 2 °C begrenzt werden und es sollen Anstrengungen unternommen werden, diese möglichst auf 1,5 °C zu limitieren.[2]“ Die Dringlichkeit einer Einhaltung der 1,5°C-Grenze wird insbesondere durch einen Sonderbericht des IPCC von 2018 unterstrichen[3]. Nach Berechnungen des BUND (siehe Anhang) für Baden-Württemberg müsste bis 2030 eine Reduktion der CO2-Emissionen um 90% gegenüber 2019 erreicht werden, um diese Grenze einzuhalten. In der vorgelegten Studie des Wuppertal-Instituts wird von einer CO2-Emissionsminderung gegenüber 2018 von lediglich 30% bis 2030 ausgegangen! Damit liegt der gewählte Emissionspfad niedriger als das Reduktionsziel von -42% bis 2030 der Landesregierung von Baden-Württemberg. Dies liegt vor allen Dingen daran, dass die Steinkohleblöcke des GKM erst spät abgeschaltet werden sollen: Block 7 Anfang 2020 (Reserve), Block 6 Anfang 2026, Block 8 Anfang 2028, Block 9 Anfang 2033. Außerdem werden die Potenziale für die Fernwärmeerzeugung nicht ambitioniert genug bis 2030 ausgeschöpft (siehe Kapitel Fernwärme) und die Restmüllverbrennung wird ungemindert fortgeführt.
Das für Mannheim verbleibende Restbudget an CO2-Emissionen zur Einhaltung der 1,5°C-Grenze (50% Wahrscheinlichkeit) beträgt Stand 1.1.2020 noch ca. 16,2 Mio. t. Aus Vereinfachungsgründen und zur konkreten Veranschaulichung rechnen wir das Deutschland verbleibende Restbudget auf Köpfe um und multiplizieren es mit der Einwohner*innenzahl von Mannheim (pro Kopf 51 t CO2).
2. Fernwärme im KliMa-Szenario des Wuppertal-Instituts
Die Fernwärmeerzeugungbasierte im Jahr 2018 ausschließlich auf der Wärmeauskopplung (KWK) im Grosskraftwerk Mannheim (GKM). Veröffentlicht wurden folgende CO2-Emissionen für den Mannheimer Fernwärmeverbrauch: 2018 waren dies 580.000 t CO2/a und 2030 werden im Szenario 320.000 t CO2/a angegeben. Die CO2-Emissionen werden demnach von 2018 bis 2030 um 260.000 t/a gesenkt, das sind ca. 45%. Die Fernwärmeerzeugung erfolgt 2030 immer noch weitgehend im GKM. An zweiter Stelle rangiert die thermische Abfallbehandlung (TAB), gefolgt von einem Altholz-Heizkraftwerk. Flusswärme und Tiefengeothermie werden nur geringfügig eingesetzt (genaue Daten nicht veröffentlicht).
3. Fernwärme im Klimaschutzszenario von Heidelberg und Mannheim kohlefrei
Im Unterschied zum KliMa-Szenario wurden in dieser Studie alle Wärmeerzeuger des gesamten Fernwärmenetzes in der Region betrachtet. Im Klimaschutzszenario wird die Fernwärme zu 85,65% aus regenerativen Energien erzeugt! Tiefengeothermie und Flusswärme dominieren die Wärmeerzeugung mit 55,3%. Die Wärmeerzeugung aus Bioenergie beträgt 23,15% und aus Altholz 6,80%.
Gegenüber heute werden in der Fernwärmeversorgung der Region dadurch 449.000 t CO2 eingespart. Das sind 75% gegenüber 2020! In der Betrachtung mit der gesamten Stromerzeugung des GKM werden sogar 2,29 Mio. t CO2 gegenüber heute eingespart (siehe Folien im Anhang).
Zur Verdeutlichung der Notwendigkeit von sehr ambitionierten Klimaschutzanstrengungen soll hier noch aufgezeigt werden, dass bei keinerlei getroffenen Klimaschutzmaßnahmen nach exergetischer Betrachtung bis 2030 noch insgesamt ca. 4,8 Mio. t CO2 im GKM emittiert würden. Dies sind fast 1/3 des verbleibenden CO2-Restbudgets in Mannheim allein für die Fernwärme.
Betrachtet man Fernwärme und Strom im Gesamten, überschreiten die GKM-Emissionen mit ca. 21,6 Mio. t CO2 das Restbudget Mannheims von 16 Mio. t CO2 sehr deutlich.
In beiden Studien ist 2030 aber noch nicht das Ende der CO2-Emissionen zur Fernwärmebereitstellung erreicht.
Fazit
Aus oben genannten Gründen und in mehreren Aspekten ist die Energierahmenstudie vollkommen unzureichend und nicht praktisch für einen ernsthaften Klimaschutzaktionsplan der Stadt Mannheim verwertbar. Wie eingangs erwähnt, ist der Stadt dringend empfohlen, unter Einbezug eines Bürger*innenrats eine eigene zielgerichtete und von wirtschaftlichen Interessen unabhängige Studie in Auftrag zu geben, welche der Öffentlichkeit vollständig zur Verfügung gestellt wird, um Transparenz zu gewährleisten.
Anhang
Präsentationsfolien aus dem Online-Vortrag am 4.3.2021 von Dr. Ing. Amany von Oehsen
Anfang Februar haben die Gemeinderatsfraktionen Grüne und LI.PAR.Tie im Gemeinderat gemeinsam beantragt, dass Mannheim kohlefrei die mit Heidelberg kohlefrei und dem Frauenhofer-Institut IEE Kassel gemeinsam erarbeitete Studie im Ausschuss für Umwelt und Technik (AUT) vorstellen darf. Der Antrag wurde in den nächsten AUT im März verwiesen.
Im Kontext dessen sowie des von uns gestarteten Einwohner*innenantrags haben wir Ende Februar ein Gespräch mit Vertreter*innen der SPD-Gemeinderatsfraktion geführt. Die Notiz zu diesem Gespräch stellen wir hier der Öffentlichkeit zur Verfügung.
Dr. Bär ist promovierter Geothermiker im Fachgebiet angewandte Geothermie an der Technischen Universität Darmstadt. Er arbeitet seit 10 Jahren im Bereich der Erforschung der Tiefengeothermischen Potenziale, primär auf deutscher Ebene – dem Oberrheingraben – aber inzwischen seit über 7 Jahren auch auf europäischer Ebene.
Im unseren ersten Online Vortrag (Januar 2021) erzählte uns Dr.Bär wie Fernwärme auch eine gute Option für Mannheim sein könnte. Nach dem Vortrag blieben Fragen offen die wir hier nun veröffentlichen.
Haben Sie den Vortrag verpasst und wollen mehr über Geothermie, eine Alternative für Mannheim, erfahren? Wir haben es aufgenommen und Sie können es sich anschauen:
In Landau kam es ja zu nachgewiesenen Mikrobeben in Zusammenhang mit dem Testkraftwerk, hier ist der Untergrund ja ähnlich wie in Mannheim. Wie ist hier Ihre Einschätzung?
Kristian Bär: Die tiefengeothermische Dublette in Landau erschließt Störungszonen im kristallinen Grundgebirge. Es kommen im Bereich der offenen Bohrlochstrecken aber auch Gesteine des Buntsandsteins und Rotliegend. Zudem war in Landau war der zur Reinjektion benötigte Druck vergleichsweise hoch. In Mannheim ist bisher nach meinem Kenntnisstand nur die Nutzung des Buntsandsteins als Reservoirhorizont geplant und nicht die des kristallinen Grundgebirges. Anhand der Bohrung Brühl wissen wir, dass der Buntsandstein sehr hohe Permeabilitäten aufweisen kann. In diesem Fall sind keine hohen Injektionsdrücke zur Wiedereinleitung der abgekühlten Thermalsole nötig. Die Spannungsverhältnisse in den erschlossenen Störungszonen des Buntsandsteins werden daher voraussichtlich weniger stark beeinflusst, was das Risiko für induzierte seismische Ereignisse signifikant reduziert.
Es hieß, alle Beben fanden bisher nur im kristallinen Grundgebirge unter dem Bundsandstein statt. Können Sie dies noch erläutern?
Kristian Bär: Alle mir bekannten Beben, die im Zusammenhang mit geothermischen Projekten im Oberrheingraben gesehen werden, traten in Tiefenlagen auf, in denen das kristalline Grundgebirge (also granitische Gesteine o.ä.) vorkommen. Die Art der überlagernden Gestein ist hierbei irrelevant wenn diese nicht durch die Bohrungen miterschlossen sind. Im Buntsandstein ist wie bereits beschrieben mit deutlich höherer Permeabilität und Porosität des Gesteins zu rechnen. Dadurch können Injektionsdrücke durch Fluidtransport ins Reservoir deutlich schneller abgebaut werden als im kristallinen Grundgebirge, wo die Permeabilität und Porosität annähernd ausschließlich an Klüfte und Störungszonen gebunden ist.
Auf Island war/(ist?) Geoothermienutzung heftig umstritten. Kennen Sie die Beweggründe für die Kritik?
Kristian Bär: Nein, hierzu ist mir nichts genaueres bekannt.
Richtig geplante und realisierte Projekte sind bei verantwortungsvoller Betriebsweise sehr sicher. Das war bei Kernenergienutzung auch versprochen.
Kristian Bär: Bei der Kernenergie entstehen hochradioaktive Abfälle, die für Millionen von Jahren die Umwelt belasten. Bei der Tiefengeothermie kam es bisher nur sehr vereinzelt zu spürbaren Beben, die allein aufgrund ihrer Magnitude nur minimal Schäden auslösen können. Ich sehe die Vergleichbarkeit der Risiken beider Technologien als nicht gegeben an.
Angenommen es wird entnommene Wärme in Sommerzeiten NICHT wieder zurückgebracht: was geschieht über längeren Zeitpunkt mit der Bodentemperatur?
Kristian Bär: Über natürlichen Wärmetransport (Wärmeleitung im Gestein und Wärmetransport über Fluide) wird sich die eingespeicherte Wärme über einen Zeitraum von mehreren Jahren im Untergrund ausbreiten und sich dabei der natürlichen Untergrundtemperatur angleichen, bis wieder ein thermisches Gleichgewicht erreicht ist. Bei Tiefenlage der Speicherhorizonte von mehreren hundert Metern bis zu 1-2 km ist hier auch langfristig keine Beeinflussung der Temperatur an der Erdoberfläche zu erwarten.
Wie sieht es mit den weißen Flecken auf der Karte für Deutschland aus? Liegen da keine Daten vor, oder ist da mit keinem Potential zu rechnen? Mich interessiert besonders der Kölner Raum.
Kristian Bär: Für viele Bereich Deutschland liegen nach wie vor noch keine ausreichenden Daten über die Beschaffenheit der Untergrunds in geothermisch relevanter Tiefe vor. In anderen Bereichen kommen tatsächlich keine Gesteinsformationen vor in denen eine hydrothermale Stromerzeugung möglich ist, d.h. es gibt keine Gesteinsformationen mit ausreichend hoher Porosität und Permeabilität bei gleichzeitig ausreichend hoher Temperatur. Genauere Informationen finden Sie im Geothermischen Informationssystem (geotIS) von Deutschland. Für den Kölner Raum gibt es auch genauere Informationen des Geologischen Dienstes von Nordrhein-Westfalen.
In wieweit ist Geothermienutzung erneuerbar (falls keine Speicherbetrieb erfolgt)? Bzw. woher kommt die Wärme?
Kristian Bär: Die Wärme kommt zu einem gewissen Anteil aus der natürlichen radiogenen Wärmeproduktion der Gesteine der Erdkruste, die kontinuierlich abläuft und Wärme nachliefert. Ein weiterer Teil kommt durch Wärmeleitung aus dem Erdinnern, ist also quasi die gespeicherte Wärmeenergie aus der Zeit der Erdentstehung. Ob die Geothermienutzung erneuerbar ist, hängt daher stark von den lokalen Wärmequellen und der Wärmeleitung statt sowie der Intensität der Nutzung ab. Hierzu werden regionalskalige geothermische Modelle entwickelt, die diese Prozesse berücksichtigen und somit eine Nutzungsdauer prognostizierbar machen.
Wie ist es möglich, die Wirkung menschgemachter Temperaturgefälle in vergleichsweise kurzen Zeiträumen vorherzusagen?
Kristian Bär: Durch numerische Modellierung des Wärmetransports im Untergrund. Hierbei werden alle physikalischen Prozesse des Wärmetransports simuliert und dabei natürliche Wärmequellen und die Wärmeleitung aus dem tiefen Untergrund genauso berücksichtigt, wie der Betrieb eines geothermischen Kraftwerks.
Wir bedanken uns ganz herzlich für die vielen interessanten Fragen. Auch ein großes Dankeschön an Dr.Bär!